Viertelrausch-Interviewreihe: Damals stand das „Wir“ im Vordergrund
Reisefreiheit. Das war Sabines größter Wunsch. Die 52-jährige Leipzigerin (wohnt heute in Zwenkau) wollte den Kindern die Welt zeigen können und die Verwandten besuchen. Dieser Wunsch ging im Herbst ’89 für sie in Erfüllung. Die Grenzöffnung erlebte sie vor dem heimischen Fernseher: Sie wusste nicht, was kommt.
„Man konnte in den Westen gehen, um dort Bananen für die Kinder zu holen, ohne langes Anstehen. Die ersten Gedanken waren, dass man einfach mal etwas Anderes sehen konnte. Aber ich konnte in dem Moment mit den Kindern nicht weg. Ich konnte das alles nur im Fernsehen sehen und nicht die Freude der Masse live miterleben.“
Sie selbst befand sich im Wendejahr zu Hause, im Babyjahr. Ihre zwei Töchter waren schon geboren, ihr Mann wurde im September 1989 aber für drei Monate als Reservist der NVA (Nationale Volksarmee) eingezogen. „Das war natürlich ein ungünstiger Zeitpunkt. Man hatte ein ungutes Gefühl. Wir konnten kaum kommunizieren, sondern mussten warten, bis eine Nachricht kam. […] Und wenn man doch mal die Möglichkeit hatte zu telefonieren, wusste man gar nicht, was man am Telefon alles erzählen durfte. Man wusste ja nicht, wer alles mithört.“
Im Rahmen der Interviewreihe des Online-Magazins Viertelrausch zum Lichtfest erzählt Sabine von ihren Träumen und Erlebnissen zur Zeit der Wende, welche Rolle aus ihrer Sicht die Frauen bei der Friedlichen Revolution spielten und wie das Lichtfestmotto „ich. die. wir.“ auf ihre damalige Situation passt:
„Ich“ war ich als Frau und Mutter. “Wir“ waren unsere Familie, Freunde und Kollegen. “Die“ war die Partei, die Obersten, die uns sagen wollten, was wir tun und lassen sollen. Die, die engstirnig waren und mit denen man nicht reden konnte und die uns stur ihren Weg aufdrängen wollten. Damals stand das ‚Wir‘ im Vordergrund – die Gemeinschaft.
Das ganze Interview lesen Sie im Online-Magazin Viertelrausch.
Ab sofort werden in Leipzig und Region insgesamt 43.000 Postkarten mit Tonspuren verteilt, die auf die Interview-Reihe aufmerksam machen. Auf den Postkarten befinden sich Codes in Form von Tonspuren, die von der App PhonoPaper eingelesen werden können und Statements von Zeitzeuginnen des Herbstes ’89 und Mitwirkenden des Lichtfestes zum Anhören wiedergeben.