Erinnerung an die Friedliche Revolution im Herbst 1989: Mehr als 15.000 Besucher beim Lichtfest Leipzig auf dem Augustusplatz
Unter dem Motto "Mut – Werte – Veränderung" erinnerte das Lichtfest Leipzig am 9. Oktober 2016 auf dem Augustusplatz an die Friedliche Revolution vor 27 Jahren. Trotz des nass-kalten Wetters kamen mehr als 15.000 Leipziger und Gäste, darunter Martin Schulz (Präsident des Europäischen Parlaments), Iris Gleicke (Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer) und Martin Dulig (sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr). Sie erlebten eine facettenreiche künstlerische Inszenierung, die historisches und aktuelles Text- und Fotomaterial, Videos, Tanz und Musik zu einer emotionalen Darbietung verband.
Inhaltlich setzte das Programm erneut einen zivilgesellschaftlichen Schwerpunkt. Auf der Bühne wurde es durch Schauspieler Sylvester Groth und das Leipziger Ballett unter der Leitung von Mario Schröder gestaltet. Texte – unter anderem von Immanuel Kant, Karl Marx, Erich Fromm, Theodor W. Adorno, Albert Camus und Aldous Huxley – wurden spannungsreich in Beziehung gesetzt. Für die Musik zeichnete Mike Dietrich verantwortlich.
"Das Lichtfest ist eine wunderbare Gelegenheit, um innezuhalten und sich zu erinnern, was da Großartiges im Herbst 1989 in Leipzig seinen Anfang nahm. Menschen sind auf die Straße gegangen und haben die Welt verändert!", so Sylvester Groth. "Aber wir sollten nicht nur nostalgisch an diese Zeit zurückdenken, sondern auch nach vorn, und uns bewusst sein, dass Veränderung immer möglich ist, wenn sich Menschen zusammentun und handeln. Unsere Zukunft ist kein Schicksal. Wir bestimmen sie selbst." Zum Abschluss des Lichtfests stellte Groth auf der Bühne eine Kerze ab.
Auch die Besucher folgten der Einladung, das große Podest in Form einer 89 mit 10.000 Kerzen zum Leuchten zu bringen. Eröffnet wurde die Kerzenaktion in diesem Jahr unter anderem von Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, Iris Gleicke, Martin Schulz und Tobias Hollitzer.
"Ich bin im Westen des Landes geboren. Mir ist die Demokratie in die Wiege gelegt worden. Sie hingegen mussten sich ihre Freiheit erkämpfen. Der Mut der Menschen hier in Leipzig sowie überall in der DDR hat die Einheit Deutschlands möglich gemacht. Für mich ist das ein großes Geschenk, für das ich Ihnen sehr, sehr dankbar bin", sagte Martin Schulz in seinem Grußwort auf dem Augustusplatz. Zuvor hatte er bereits in seiner Rede zur Demokratie in der Nikolaikirche für ein mutiges, solidarisches Zusammenstehen in einem demokratischen Europa gemahnt und in Bezug auf den Herbst 89 erinnert: "Das Jahr 1989 war nicht nur das Glücksjahr der Deutschen, es war ein europäisches Jahr."
"1989 ging von Leipzig ein Leuchten aus, das in das ganze Land strahlte", fuhr Iris Gleicke fort. "Wir sind dafür verantwortlich, die Freiheit zu verteidigen. Auch heute soll wieder ein Leuchten von Leipzig ausgehen, ein weithin sichtbares Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit."
"Alljährlich kommen wir auf dem Augustusplatz zusammen, um an die mutigen Menschen zu erinnern, die 1989 ihr Herz in die Hand nahmen und ein System hinweggefegt haben. Mit dem diesjährigen Motto "Mut – Werte – Veränderung" schlagen wir die Brücke in unsere heutige Zeit. Auch heute brauchen wir diesen Mut. Wir brauchen ihn überall da, wo die Menschenwürde mit Füßen getreten wird. Doch wenn ich auf den gefüllten Platz schaue, dann ist mir nicht bang, dass wir die Herausforderungen, die vor uns liegen, meistern werden", sagte Burkhard Jung.
Für die Planung, Organisation und Umsetzung des Lichtfests zeichnet die Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Jürgen Meier verantwortlich. Im Dreiklang mit dem Friedensgebet und der Rede zur Demokratie erinnert es alljährlich an die Friedliche Revolution im Herbst 89, speziell an den 9. Oktober 1989. An diesem Tag kamen 70.000 Menschen auf dem Augustusplatz zusammen, um gemeinsam über den Stadtring zu ziehen und für Freiheit und Demokratie einzutreten. Es war die größte Montagsdemonstration, die Leipzig bis zu diesem Zeitpunkt gesehen hatte, und ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte der ehemaligen DDR. Mit ihrem friedlichen Protest ebneten die Bürgerinnen und Bürger den Weg für den Mauerfall und die Einheit Deutschlands.
Wer sich auch nach dem 9. Oktober mit der Friedlichen Revolution befassen möchte, erhält in den nächsten Wochen in Leipzig reichlich Gelegenheit: Verschiedene Ausstellungen, Lesungen, Vorträge, Filmvorführungen und vieles mehr beleuchten das Thema. Das Programmheft mit allen Terminen und weiterführenden Informationen steht hier zum Download zur Verfügung.
Statements
Volker Bremer, Geschäftsführer der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH: "Erneut hat es das Lichtfest Leipzig auf dem Augustusplatz, dem authentischen Versammlungsort von 1989 geschafft, eine Brücke zu schlagen von der Zeit der Friedlichen Revolution in das Hier und Jetzt. Mut und Veränderung – Worte die damals wie heute eine große Bedeutung haben. Die historischen Ereignisse in Leipzig von 1989 sind etwas, auf das wir stolz sein dürfen und die das Bild der Stadt nach innen und außen entscheidend prägen."
Marit Schulz, Leiterin Lichtfest Leipzig: "Was 2007 mit der Nacht der Kerzen auf dem Nikolaikirchhof begann, ist inzwischen zu einer Tradition geworden. Unterdessen auf dem Augustusplatz feiern wir heute das achte Lichtfest dieses Formats. Diesen Umstand verdanken wir unzähligen Mitstreitern, Partnern und Sponsoren, die uns auch in diesem Jahr unterstützten. Zudem haben viele freiwillige Helfer auch heute Abend für einen reibungslosen Ablauf gesorgt. Allen Wegbegleitern möchte ich meinen allerherzlichsten Dank aussprechen.
Jürgen Meier, künstlerischer Leiter Lichtfest Leipzig: "In einem lebendigen, streitbaren Prozess haben wir gemeinsam mit allen Akteuren die heutige Inszenierung erarbeitet. Es war beeindruckend zu sehen, wie in den letzten Wochen und Monaten das Motto "Mut – Werte – Veränderung" in Form von Wort, Bild, Bewegung und Ton Gestalt annahm."